Schlagwort: bequeme Schuhe

Interview mit Dr. med. M. Meinhard Balensiefen

Dürfen Frauen, die erblich vorbelastet sind, gar keine hohen Schuhe tragen? Und wie sieht es mit Flip-Flops aus?

Bei einer genetischen Vorbelastung muss vom regelmäßigen Tragen hoher Schuhe, das heißt mit Absätzen von über drei bis vier Zentimeter, abgeraten werden. Doch nicht nur die Absatzhöhe spielt eine Rolle sondern auch das enge Design im Vorfußbereich, sowie die verarbeiteten Materialien, die nicht dehnungsfähig sind. Hinzu kommt, dass in hohen Schuhen keine adäquate Fußbettung eingearbeitet werden kann. Letzteres trifft auch auf die meisten Flip Flops zu. Um diese am Fuß zu halten ist ein stetiges „Einkrallen“ erforderlich, was den Abrollvorgang des Fusses unphysiologisch macht. Hier sind sogenannte Barfußschuhe die bessere Wahl, denn sie haben einen gewissen Trainings-Effekt auf die Fußbinnenmuskulatur.

Wenn der Hallux valgus noch nicht so stark ausgeprägt ist, was können Betroffene dann tun, um eine Verschlechterung hinauszuzögern?

In jedem Fall aktives Training der Muskulatur, die den Großzeh nach innen und bodenwärts zieht. Das geht und ist eine echte Koordinationsprüfung für Muskeln, die man längere Zeit vernachlässigt hat. Gutes bequemes Schuhwerk mit optimaler Abrollfunktion und Fußbettung beugen hier ebenfalls vor. Das Tragen von Spezialmaßeinlagen sollte nicht erst bei direkten Beschwerden erfolgen, sondern schon zu Beginn einer Halluxdeformität.

Ist bei jedem Betroffenen irgendwann eine Operation fällig und ab wann sollte man darüber nachdenken?

Mit einem operativen korrigierenden Eingriff können über längere Zeit die Beschwerden und die Form der Zehe beherrscht werden. Da wir jedoch im Laufe unseres Lebens weiteren bindegewebigen Veränderungen unterliegen, kann sich das Fußgewölbe und die Lastverteilung auf den Vorfuß wieder in Richtung Hallux und Spreizfuß entwickeln. Aus diesem Grund sollte man operative Techniken anwenden, die im späteren Leben unter Umständen wiederholt werden können oder andere Verfahren noch möglich machen. Ich verwende auch aus diesem Grund Implantate aus Magnesium, die sich nach circa einem Jahr im Knochen vollständig auflösen.

Wie hoch ist die Chance, dass eine Operation das Problem dauerhaft löst? Und wenn nicht, lässt sich dann erneut ein Eingriff durchführen?

Nein . Nur bei Halluxdeformitäten, die über längere Zeit Schmerzen oder entzündliche Veränderungen am Ballen zeigen. Das heißt eine Operation sollte nicht aufgrund kosmetischer Gegebenheiten empfohlen werden.

Dr. med. M. Meinhard Balensiefen ist Facharzt für Orthopädie und Mitgründer des Orthopädiezentrum München Ost. Set seit Januar 1997 ist er zudem betreuender Arzt der Eishockey- Nationalmannschaften des Deutschen Eishockeybundes.
www.orthopaediezentrum-muenchenost.de

Kann man mit einem Hallux valgus Sport treiben?

Die klare Antwort lautet: Ja. Sport hält fit, hebt die Laune und hält Körper und Geist gesund. Und natürlich profitieren auch die Füße von regelmäßiger Bewegung, ganz besonders dann, wenn es raus geht an die frische Luft, und die Füße über verschiedene Untergründe wie Waldboden, Asphalt oder Sand laufen. Denn ein abwechslungsreicher Untergrund fordert die Fußmuskulatur.

Achten Sie auf geeignete Schuhe

Achten Sie dabei aber auch auf die richtige Bewegung und passgenaue Schuhe. Schmerzen sollten nämlich auch bei einem Ballenzeh nicht zum Sportprogramm gehören. Mit dem richtigen Schuhwerk und etwas Wissen zum richtigen Laufen lassen diese sich allerdings leicht vermeiden.

Ein guter Sportschuh muss Platz, aber zugleich auch Halt geben. Denn gerade bei einem Hallux valgus ist es wichtig, dass die Zehen vorne genug Raum haben, um sich auch bei starker Belastung, wie zum Beispiel beim Joggen oder Tennisspielen, strecken und spreizen zu können. Gleichzeitig braucht der Fuß aber auch Halt, um nicht umzuknicken und eine gesunde Muskulatur auszubilden.

Kann Joggen die Fehlstellung verschlimmern?

Auch mit einem Hallux valgus kann man joggen. Allerdings ist die Beweglichkeit des großen Zehs durch die Schieflage beeinträchtigt, und das kann gerade beim Abrollen des Fußes zu Schmerzen führen. Eine Laufanalyse kann jedoch helfen, solchen Problemen vorzubeugen. denn mit ihr lässt sich herausfinden, wo der Schuh möglicherweise drückt und ob zum Beispiel Einlagen sinnvoll wären.

Außerdem lässt sich damit auch herausfinden, ob Sie dazu neigen beim Laufen den Oberschenkel und das Knie nach innen zu drehen, also mit typischer X-Bein-Stellung zu laufen. Da ein solcher Laufstil den Mittelfuß belastet, kann er einen Spreizfuß fördern, aus dem sich ein Hallux valgus entwickeln kann. Zum Glück lässt sich ein solcher Laufstil mit etwas Training ändern.

So werden Fußdruck und Bewegungsablauf gemessen

Mit Hilfe einer Fußdruckmessplatte können Sportwissenschaftler, Physiotherapeuten oder Mediziner einen genauen Blick auf unsere Füße und unseren Gang werfen.

Diese Platte ist mit Sensoren ausgestattete. Laufen wir barfuß darüber, zeichnet der Computer die Druckbelastung auf, also die maximale Kraft, mit der wir auftreten, die Kontaktfläche sowie die Kontaktzeit des Fußes, der Spitzendruck und die Ganglinie. Sie werden nicht nur aufgezeichnet, sondern auch analysiert

Auf diese Weise können die Füße und der Bewegungsablauf vermessen und Fußprobleme erkannt werden. Fußfehlstellungen und Fehlbelastungen der Körperachsen, lassen sich auf diese Weise feststellen. Die Fußdruckmessung, auch Pedographie genannt, kann in verschiedenen Sanitätshäusern und sportmedizinischen Einrichtungen ab etwa 30 Euro durchgeführt werden.

Welches ist die richtige Sportart?

Grundsätzlich eignet sich jede Sportart, bei welcher der Fuß nicht ungünstig belastet wird oder Schmerzen am Großzeh auftreten. Zurückhaltung ist allerdings in der ersten Zeit nach einer Operation geboten, bei welcher der Zeh begradigt wurde. Nach einem solchen Eingriff sollten Sie erst wieder mit dem Sport beginnen, wenn der Fuß das Laufen in seiner neuen Form sicher gelernt hat. Dabei ist etwas Geduld gefragt.

Eine Sportart, mit der Sie bei bei Hallux valgus zur Vorsorge oder Verbesserung von Beschwerden beitragen können, ist Fußgymnastik.